Leben mit ATTR-Amyloidose
Selbsthilfe
Auch wenn es gerade bei einer so seltenen Erkrankung den Anschein hat, als hätte man dieses Päckchen ganz alleine zu tragen: Sie sind nicht alleine!
Es gibt andere, die in einer ähnlichen Situation sind oder waren wie Sie. Ob der Austausch mit Betroffenen, die schon etwas länger mit ATTR-Amyloidose leben und schon viel Erfahrung gesammelt haben oder mit Menschen, die gerade erst die Diagnose bekommen haben und genau vor der gleichen Aufgabe stehen wie Sie. Ein Austausch mit anderen Betroffenen kann hilfreich und heilsam sein. Diese Möglichkeit zum Austausch versuchen wir mit unserem Verein zu bieten, denn alleine mit weiteren Betroffenen in Kontakt zu treten, kann sich als schwierig herausstellen.
Hier können Sie sich jederzeit mit melden: info@patientenverband-fap.de
Arztgespräche
Ist eine ATTR-Amyloidose bei Ihnen festgestellt worden, so ist es ratsam, sich regelmäßig bei einem Arzt an einem spezialisierten Zentrum vorzustellen. Dort werden Sie bestmöglich zu der Erkrankung und zu Therapiemöglichkeiten von einem interdisziplinären Team (Ärzte verschiedener Fachrichtungen Neurologe, Kardiologe, Gastroenterologe, Augenarzt, etc.) beraten und betreut.
Besonders vor dem ersten Gespräch ist es hilfreich sich vorzubereiten, um nicht mit mehr Fragen nach Hause zu gehen als man gekommen ist. Gerade zu Beginn kann die Flut an Informationen und Emotionen überwältigend erscheinen und dazu führen, dass man sich verloren fühlt. Sich im Vorhinein zu überlegen, was man im Arztgespräch besprechen möchte, kann daher sehr hilfreich sein. Notieren Sie sich zuhause Fragen oder Anliegen, die sie beim nächsten Mal besprechen wollen. Z.B könnten Sie folgende Fragen beschäftigen:
- Welche Bedenken oder Ängste habe ich in Bezug auf die Erkrankung? Sind diese berechtigt?
- Habe ich beim letzten Mal alles verstanden? Gibt es etwas, dass ich noch einmal erklärt haben möchte?
- Welche Vorsorgeuntersuchungen sind für mich wichtig?
- Welche Vor- und Nachteile haben die verschiedenen Therapiemöglichkeiten?
- Was muss ich in meinem Alltag beachten?
- Gibt es Informationsmaterial oder Adressen, bei denen ich mich melden kann?
- Worauf muss ich in Zukunft achten? Gibt es Anlässe, bei denen ich sofort zum Arzt sollte?
- …..
Eine Alternative oder eine Ergänzung kann sein, jemanden zu diesen Gesprächen mitzunehmen. Vier Ohren hören oft mehr als zwei und ggf. denkt Ihre Begleitung an Dinge, die Sie selbst vergessen oder nicht bedacht hätten. Wichtig ist natürlich, dass Sie sich im Beisein Ihrer Begleitung wohl fühlen und deswegen bestimmte Themen aus Scham oder Angst nicht vermeiden oder nicht ansprechen, obwohl Sie Ihnen auf dem Herzen liegen! Jemand Vertrauten im Gespräch dabei zu haben kann auch dazu führen, dass Sie sich insgesamt entspannter fühlen und die Situation als angenehmer empfinden. Außerdem empfindet man Wartezeiten in Gesellschaft oft als deutlich kürzer.
Insgesamt kann ein besseres Verständnis Ihrer Erkrankung hilfreich sein um Warnsymptome zu erkennen oder zu verhindern das Beschwerden, die möglicherweise nicht durch die ATTR-Amyloidose verursacht werden, sondern eine andere Ursache haben, nicht zu übersehen. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt über alle Dinge, die sie bemerken und die Sie einschränken oder stören!
Krankengeschichte
Da es sich bei der ATTR-Amyloidose um eine seltene und eine chronische Erkrankung handelt kann es sein, dass Sie im Verlauf auf Ärzte treffen, die sich ggf. nicht so gut mit der Erkrankung, Symptomatik und Behandlung auskennen wie das Zentrum, dass sie betreut. Sind Sie gut über Ihre Erkrankung im Bilde, hilft es nicht nur Ihnen, sondern im Zweifelsfall auch dem behandelnden Team (Arzt, Physiotherapeuten, Pflegepersonal, etc.).
Auch für Ärzte an Ihrem Zentrum ist es wichtig einen Überblick über Ihre Krankengeschichte zu haben. Insbesondere, wenn Sie sich bei verschiedenen Ärzten und Krankenhäusern in Behandlung befinden sollten. Den Überblick zu behalten ist nicht immer einfach, erspart Ihnen im Verlauf aber garantiert einiges an Ärger. Sie könnten sich einen Ordner anlegen, in dem Sie Ihre medizinischen Unterlagen sammeln. Ärzte sind verpflichtet Ihnen auf Nachfrage eine Kopie ihrer Briefe und Befunde auszustellen, fragen Sie ggf. danach und sammeln Sie diese. Sollten Sie dann danach gefragt werden ist es gut eine Kopie anzufertigen, um so immer ein Exemplar für die eigenen Unterlagen zu behalten.
Auch für Gutachten oder Anträge ist es wichtig Arztbriefe und Untersuchungsbefunde zu haben und natürlich nicht zuletzt auch für Sie selbst! Neben den medizinischen Daten können Sie auch eventuelle Korrespondenz mit Ihrer Krankenkasse, Rentenversicherung oder anderen Stellen aufbewahren und abheften.
Versicherungen
Informieren Sie sich frühzeitig bei Ihrer Krankenkasse, welche Leistungen übernommen werden und ob es spezielle Angebote für Sie gibt (bspw. Sportgruppen oder Kurse zu Entspannungsverfahren).
Sollten Sie Reisen planen ist es auch ratsam, sich über eine Auslandskrankenversicherung zu informieren und ggf. eine solche abzuschließen. Auch sollten Sie eine solche Reise im Vorfeld mit Ihrem Arzt besprechen.
Arbeit
Krankheitsbedingt kann es dazu kommen, dass Sie beruflich beeinträchtigt werden. Sei es durch das Wahrnehmen von Arztterminen oder durch die Krankheit selbst.
Wenn Sie nicht erwarten, dass Ihr Arbeitgeber viel Verständnis für Ihre Erkrankung zeigt, sollten Sie trotzdem die Möglichkeit eines offenen Gespräches zumindest in Erwägung ziehen. Flexiblere Arbeitszeiten, eine Reduktion der Arbeitszeit oder Befreiungen in Form von Sonderurlaub sind einige Möglichkeiten wie Sie gemeinsam mit Ihrem Arbeitgeber Ihren Arbeitsalltag so gestalten, dass sie Ihrer Arbeit nach wie vor nachkommen können. Auch das Bereitstellen von Hilfsmitteln für den Arbeitsplatz ist möglich, in der Regel durch einen öffentlichen Träger (z.B. die Rentenversicherung).
Insgesamt sollte man sich rechtzeitig mit Auswirkungen auseinandersetzen, die die Erkrankung auf die Erwerbsfähigkeit und somit auch auf die private finanzielle Situation haben kann. Eine gute Vorbereitung und Information über Renten-, Sozialleistungen und -ansprüchen gibt Ihnen möglicherweise ein sichereres Gefühl in Hinblick auf Ihre Zukunft.
Psyche
Leben mit einer chronischen Erkrankung kann zu besonderen Stresssituationen führen oder dazu beitragen, dass Belastungen physischer oder psychischer Natur weniger gut weggesteckt werden können.
Wichtig ist es für solche Situationen Strategien zu haben mit diesem Stress umzugehen. Hier ist natürlich jeder Mensch anders gestrickt und deswegen ist es wichtig für sich selbst herauszufinden, was einem bei der Bewältigung hilft.
Für einige Menschen ist es entspannend und befreiend über ihre Probleme zu sprechen, sei es mit Familie, Freunden, anderen Betroffenen oder mit einem Psychologen. Aber Gespräche müssen sich nicht unbedingt um die Erkrankung oder aktuelle Probleme drehen, auch ein entspanntes Treffen und Reden kann ablenken und helfen, neue Kräfte zu schöpfen. Anderen wiederum hilft es durch Sport, durch ein Hobby oder Musik Abstand zu gewinnen und einfach mal abzuschalten. Auch spezielle Entspannungsverfahren können helfen, hierzu gehören Methoden wie das Autogene Training, Meditation, Achtsamkeit oder die progressive Muskeltherapie.
Gerade zu Beginn, aber auch im weiteren Verlauf ist es durchaus normal Gefühle wie Angst, Wut, Schuld, Frustration, Niedergeschlagenheit und Unsicherheit zu empfinden. Natürlich bestehen individuelle Unterschiede in welchem Verhältnis oder in welchem Ausmaß diese Gefühle zu Tage treten. Sollten Sie das Gefühl haben, alleine nicht damit umgehen zu können oder erdrückt zu werden, kann es hilfreich sein, sich professionelle Hilfe zu suchen, die einem bei der Verarbeitung helfen kann. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt darüber, dieser kann Sie bspw. zu einem Psychotherapeuten oder Psychiater überweisen. Verschiedene Therapieformen wie die Gesprächs- oder Verhaltenstherapie und auch Medikamente können positive Effekte erzielen.
Familie und Freunde
Da die ATTR-Amyloidose eine erbliche Erkrankung ist, kann es entsprechend schwierig sein mit der Familie über die Diagnose zu sprechen, da Angehörige möglicherweise selber betroffen sein könnten. Schuldgefühle und die Angst vor negativen Reaktionen können Ursachen sein, warum ein Betroffener es nicht schafft mit seiner Familie über die Erkrankung zu sprechen.
Ein offenes und klärendes Gespräch wird von Betroffenen allerdings nicht selten als erleichternd und befreiend empfunden. Dies kann auch für Familie und Freunde gelten, die eventuell Veränderungen bei dem Betroffenen wahrgenommen haben, sich aber auf Grund der Verschlossenheit selbst hilflos fühlen könnten.
Bei Angst vor Ablehnung kann eine Person, die das Gespräch leitet oder das Sprechen für Sie übernimmt eine wertvolle Unterstützung darstellen. Diese Rolle kann ein Arzt, ein Freund oder eingeweihtes Familienmitglied übernehmen.
Das Wissen um die Erkrankung kann zu größerem Verständnis in der Familie führen und ermöglicht es Probleme und Hindernisse zusammen anzugehen. Familie und Freunde sind ein wichtiger Rückhalt! Ein offener Umgang mit der Erkrankung kann auch dem Gefühl entgegenwirken, dem engsten Umfeld zur Last zu fallen. Am Ende liegt die Entscheidung über den Umgang mit der eigenen Erkrankung aber selbstverständlich bei der Betroffenen Person selbst.